Hundeschlittentour in Finnland
Vom 2. – 9. Januar 2010 besuchte ich die Eräkeskus Wilderness Lodge &
Huskyfarm. Ganz ruhig liegt diese im Naturparadies Nordkarelien, nicht weit entfernt von der Grenze zu Russland. Gemeinsam mit 4 weiteren Reiseteilnehmerinnen wurde ich am Flughafen Joensuu abgeholt und zu der Lodge gefahren. Hier wartete schon das Team der Lodge auf uns und wir wurden herzlich empfangen. Eine weitere Reiseteilnehmerin war schon am Nachmittag angekommen und so war unsere Gruppe von 6 Damen nun komplett. Beim gemeinsamen Abendessen konnten sich alle kennen lernen und danach gaben die Guides erste Informationen zu dem Programm der folgenden Tage. Noch ein Finnisches Bier am Kamin und dann gingen alle voller Vorfreude auf den kommenden Tag ins Bett.
3. Januar: Gleich nach dem Frühstück wurde unsere 6-Personen-Gruppe in zwei 3-Personen-Gruppen aufgeteilt, denn in Eräkeskus beträgt die maximale Gruppengröße 4 Schlitten pro Guide. Während eine Gruppe mit Thermokleidung ausgestattet wurde, bekam die andere schon eine Einweisung in die Kunst des “Mushens”, wie man das Führen eines Hundeschlittens nennt. Dann waren wir bereit, die erste Trainingstour zu starten. Dick eingepackt, das Thermometer zeigte immerhin -27 °C an, schirrten wir die Hunde an und ab ging die Fahrt in die weiße Winterwelt. Wissen Sie, wie sich -27 °C auf der Haut anfühlen, wenn man mit einem Hundeschlitten unterwegs ist? Ich kann es Ihnen sagen, es sind gefühlte -43 °C! So wurden meine Finger und Zehen trotz 3 Paar Handschuhe und 4 Paar Socken nach einer Weile kalt. Mit etwas Bewegung wurden sie zwar auch wieder warm aber trotzdem freute ich mich nach der erfolgreichen ersten Tour auf die wärmende Sauna am Abend. Aber die Sauna musste noch etwas warten, denn nach jeder Tour ist die erste Aufgabe die Versorgung der Hunde. Sie bekommen als Belohnung für ihre tolle Arbeit eine Fleischsuppe, bevor sie abgeschirrt und zurück in ihre Zwinger gebracht werden. Danach bekamen auch wir eine heiße Suppe, die wir uns ja ebenfalls verdient hatten. Nach der wohltuenden Sauna und einer enspannten Teestunde, bei der die Erfahrungen des ersten Tages ausgetauscht wurden, gab es ein leckeres Abendessen und dann fielen alle müde und glücklich in ihre Betten.
4. Januar: Auf der zweiten Trainingstour wussten wir nun schon was uns erwartet und so war die Aufregung nicht mehr ganz so groß. Auch das Wetter meinte es gut mit uns, – 18 °C fühlt sich gleich viel wärmer an, und so genossen wir die Schlittentour in vollen Zügen. Am Abend waren alle ganz stolz, dass Gelernte vom Vortag schon umgesetzt haben zu können.
5. Januar: Aufgrund des Wetterberichts wurde entschieden, den freien Tag heute einzulegen. Somit konnte jeder den Tag selbst gestalten. Für mich hieß das erstmal um 9 Uhr Hunde füttern, denn ich wollte jede Chance nutzen, die Hunde zu sehen und mehr über sie zu lernen. Ich war beeindruckt von dem Gehorsam der Hunde, die vor dem gefüllten Futternapf warten, bis ihr Name genannt und Ihnen der Napf hingeschoben wird. Für den Vormittag hatte ich mir gemeinsam mit 3 meiner Reisepartnerinnen vorgenommen, in das 3 km entfernte Dorf Nurmijärvi zu fahren, und zwar mit Langlaufski. Gesagt, getan und so machten wir uns nach kurzer Einweisung auf den Weg. Haushund Chippo war unser freiwilliger Begleiter und hüpfte fröhlich vor uns her als wollte er sagen: “Kommt schon, warum seid ihr denn so langsam?” Nach diesem Ausflug war Entspannung angesagt, Suppe, Sauna, Tee, nette Gespräche, Abendessen, Kartenspielen.
6. Januar: Der große Tag mit Aufbruch zu unserer Hüttentour. Beim Frühstück waren schon alle etwas aufgeregt. Danach wurden die Schlitten gepackt, denn schließlich musste Futter für die Hunde und für uns mit, außerdem Schlafsäcke und die eigenen Rucksäcke. Ich bekam für das bevorstehende Abenteuer noch einen zusätzlichen Hund als Verstärkung. Mein Team war somit vollzählig: Arpat und Ruija waren meine beiden Leader. Diese laufen ganz vorn und sind dafür verantwortlich, dass der Schlitten auf dem Trail bleibt. Flash lief in zweiter Reihe und Mimmi und Coolman als Wheeldogs ganz hinten bzw. direkt vor dem Schlitten. Die Wheeldogs brauchen nichts anderes tun, als zu ziehen und das tun sie mit unheimlicher Energie und einer schier unerschöpflichen Begeisterung. Man spricht bei den Schlittenhunden vom “will to pull”. Der Wille zu Ziehen also liegt bei diesen Athleten in den Genen. Unser Weg führte uns durch tief verschneite Wälder, ein recht anspruchsvolles Terrain für Hundeschlittenanfänger. Immer wieder mussten wir den Hunden bei Anstiegen helfen und kräftig den Schlitten anschieben. Bei Abfahrten wird hingegen gebremst, um nicht die Kontrolle über den Schlitten zu verlieren oder gar die Hunde zu überfahren. Erschöpft aber glücklich erreichten wir am Nachmittag die erste Wildnishütte. Als Erstes wurden die Schlitten an Bäumen festgemacht und die Hunde ausgeschirrt. Dann bekamen unsere 4-beinigen Freunde erstmal ihre verdiente Belohnung – gefrorene Hackfleischbällchen. Da es in der Hütte keinen Strom und kein fließendes Wasser gibt, war die nächste Aufgabe Wasser holen. Doch leider mussten wir feststellen, dass die Pumpe am Brunnen gefroren war, hier bekamen wir also kein Wasser heraus. Zum Glück lag viel Schnee und so waren wir die nächsten paar Stunden damit beschäftigt, Schnee zu schmelzen. Die Aufgaben wurden verteilt – Feuer machen, Schnee holen, Schnee auf dem Gasherd schmelzen. Der erste flüssig gemachte Schnee wurde dann für die Hundesuppe benutzt, denn die Huskies brauchen viel Flüssigkeit und energiereiche Nahrung. Dann bekamen auch wir heißes Wasser für Tee. Nach einiger Zeit war auch die Sauna aufgeheizt und wir konnten unsere angestrengten Muskeln in der Hitze entspannen. Der Saunagang verlief allerdings recht abenteuerlich, da es dort kein Licht gab, sondern nur ein paar Teelichter und durch den schönen Holzofen alles voller Dampf war. Vor allem die Brillenträger konnten kaum etwas sehen. Zum Waschen mischten wir das in der Sauna kochend heiß gewordene Wasser mit Schnee. Mit einem Eimer, einer Schüssel und einer geschickten Schütttechnik kam ich so zu einer wohltuenden Dusche. Frisch rausgeputzt setzten wir uns an den Esstisch. Zum Abendessen gab lecker Spaghetti. Nach einem so ereignisreichen Tag schmeckt auch die mitgebrachte Dose Bier besonders gut. Gegen 22 Uhr wurden noch einmal die Hunde gefüttert. Alle fraßen gierig ihre Mahlzeit, ein gutes Zeichen, denn ein Hund der frisst, fühlt sich wohl. Dann war es Schlafenzeit und wir machten es uns in unseren Schlafsäcken gemütlich. Auch die 2 Haushunde von Simone, die uns während der ganzen Tour freilaufend begleiteten und einer der Hunde aus ihrem Gespann, durften mit ins Bett. In Eräkeskus hat eben jeder Hund seine Aufgabe und diese beiden sind “Kissenwärmer”. 4 Personen und 3 Hunde teilten sich also heute Nacht ein Doppel-Hochbett. Frieren musste keiner.
7. Januar: Am nächsten Morgen wurden wir von einem besonders schönen “Klingelton” geweckt, nämlich dem Geheul von 29 Hunden. Fast gleichzeitig stimmten sie ihr Lied an, das machen sie ca. 2 Mal am Tag und für mich klingt es wunderschön. Hier erkennt man die Verwandschaft mit dem Wolf noch ganz deutlich. Wieder wurden die Aufgaben aufgeteilt. Ich meldete mich wie immer freiwillig zum Hundefüttern, während die anderen lieber das “Menschenfrühstück” zubereiteten. Leider hat die Wettervorhersage kein Recht behalten. Statt der angekündigten -15 °C zeigte das Thermometer gute -30 °C an. Wir entschieden uns darum, heute nur eine kurze Tour zu machen und auf direktem Weg bis zur nächsten Wildnishütte zu fahren und dort einen gemütlichen Hüttennachmittag zu verbringen. So fuhren wir nur ca. 1 Stunde bei herrlich klarem Himmel aber eisiger Luft bis zur nächsten Hütte. Dort angekommen, bekamen unsere Hunde wieder ihren Belohnungssnack. Dann legten wir extra viel Stroh für die Hunde als Betten aus, damit sie in dieser eisigen Kälte nicht frieren. Die Wasserpumpe war hier nicht gefroren und so ging die weitere Prozedur vom Wasser holen und kochen wesentlich schneller als am Vortag. Da wir nun viel Zeit hatten, genossen wir einen entspannten Saunagang und trauten uns sogar kurz zwischendurch raus in den Schnee. Aber wirklich nur ganz kurz, denn vor allem Füße fangen sofort an zu schmerzen, sobald man den eisigen Schnee betritt. Also lieber schnell wieder rein in die warme Sauna. Hier konnte man es bei rund 70 Grad gut aushalten. Am Abend kochten wir gemeinsam Spätzle und Geschnetzeltes mit Steinpilzen, sehr lecker! Nach einer Dose Bier und einer Runde Kartenspielen bekamen die Hunde wieder ihre Abendmahlzeit und dann hieß es ab in die Koje.
8. Januar: Ist dies wirklich schon der letzte Tag auf dem Hundeschlitten? Diese Aussicht betrübte mich etwas. Zum Glück hatten wir heute etwas wärmere Temperaturen und konnten so eine längere Tour unternehmen, die gestern ausgefallen war. Bei klarem Himmel und Sonnenschein glitten wir über gefrorene Seen und bestaunten von Anhöhen tolle Ausblicke über die verschneite Landschaft Kareliens. Ich genoss jede Minute! Am Nachmittag erreichten wir Eräkeskus. Unsere Hunde wurden überschwenglich gelobt und bekamen eine ordentliche Fleischsuppe. Dann kamen sie alle wieder in ihre Zwinger und durften sich auf ein ruhiges Wochenende freuen. Arpat, Ruija, Flash, Mimmi und Coolman – ihr wart toll, vielen Dank für eure ansteckende Begeisterung, euer betörendes Huskylächeln, euer Vertrauen und eure Zuneigung, am liebsten hätte ich euch alle mit nach Hause genommen! Nachdem alle Hunde versorgt und unsere Sachen verstaut waren, trafen wir uns zur stärkenden Suppe und Kaffe/Tee. Die andere Gruppe war eine halbe Stunde eher eingetroffen und saß schon am Tisch. Aufgeregt erzählten alle von den Abenteuern der letzten Tage. Alle waren bis auf ein paar blaue Flecken wohlbehalten zurück und hatten viel Spaß auf der Tour. Nach Sauna und Abendessen saßen wir noch gemütlich zusammen am Kamin und ließen den Abend ausklingen.
9. Januar: Abreisetag. Ich möchte am liebsten noch bleiben. Hier in der gemütlichen, kleinen Lodge mitten in der weiten, stillen Landschaft Finnisch Kareliens waren wir weitab von dem gewohnten Leben in der Zivilisation, die Zeit hatte während der letzten Tage keine Bedeutung und ist doch viel zu schnell vergangen. Nach einer herzlichen Verabschiedung vom ganzen Team ging es per Minibus nach Joensuu zum Flughafen. Während der Fahrt zeigte sich das Wetter nochmal von seiner schönsten Seite und so wurden aus dem Autofenster noch letzte Fotos von der im Sonnenlicht glitzernden weißen Landschaft geschossen. Dann hieß es “Hei hei!” und bis zum nächsten Mal!
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